Christoph Holz
Hierzulande kennt man ihn vor allem als den „wendigen Typ auf dem Einrad“; als weltweit gefragter Keynote Speaker erklärt er die Komplexität der digitalen Welt auf humorvolle und unvergleichliche Art.
Der diplomierte Informatiker und Raumfahrttechniker aus Tirol weiß genau, wovon er spricht – schließlich hat er sich die Technik – im wahrsten Sinne des Wortes – einverleibt! (Aber das wäre jetzt wieder eine andere Geschichte) ...
Wir haben mit ihm über den Einfluss der künstlichen Intelligenz am Arbeitsmarkt gesprochen. Und: Die schlechte Nachricht gleich vorweg:
Denn, so der Experte: „Wenn eine Tätigkeit digitalisiert werden kann, dann ist sie ohnehin nicht für uns Menschen geeignet!
💡Nehmen wir zum Beispiel mal den Arzt: Zig Stunden in den wildesten Verrenkungen und unmöglichsten Haltungen zu operieren, ist vermutlich nicht der Grund, warum jemand Arzt geworden ist. Sich mit Empathie, Eigenverantwortung und Feingefühl für die Genesung seiner Patienten einzusetzen, ist doch in Wahrheit das, was einen Arzt ausmacht. Und das kann eine Maschine nicht ersetzen. Heißt also, unterm Strich bleibt uns einfach wieder mehr Zeit sich auf das zu konzentrieren, was den Beruf ausmacht. Wenn also unmenschliche Arbeit digitalisiert wird, ist das, was übrigbleibt, der Mensch.“
🎤 Dann ist die künstliche Intelligenz also mehr sowas wie eine Arbeitserleichterung?
Digitalisierung war die Umstellung von 10 Briefen pro Woche auf 100 E-mails am Tag. Von wegen Arbeitserleichterung. Diesen Rebound Effekt gibt es bei KI auch.
In Wahrheit ist die künstliche Intelligenz
aber nichts anderes als ein „Fachtrottel“.
Und das, was wir jetzt brauchen sind Generalisten. Keine Experten, die in einem winzigen Fachgebiet alles wissen. Wer also neugierig, motiviert und verantwortungsbewusst ist, wird auch künftig einen Job haben. Wichtig aber ist, dass wir nicht alles einfach als gegeben hinnehmen.
🎤 Braucht es also vielleicht einfach nur ein Umdenken in der Gesellschaft was den Umgang bzw. Einsatz von KI betrifft?
Ich glaube man muss einfach nur die Frage umdrehen. Wofür brauche ich Arbeit? - für meinen Status; als Selbstwert; ich bin der Tischler XY und brauche die Arbeit, um mich entfalten zu können, um besser zu werden. Ich kann nicht nichts tun. Arbeit ist einfach auch ein sinnvolles Einsetzen der eigenen Lebenszeit. Und: natürlich brauch‘ ich es auch um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Das wird sich auch in Zukunft nicht gravierend ändern.
Aber ...?
Zum Glück haben wir eine neugierige und begeisterungsfähige Jugend, die neue Möglichkeiten finden wird, den Wohlstand zu nähren. Natürlich auch mit Hilfe von globaler, digitaler Technik. Die Arbeit der Zukunft wird einfach nicht mehr das sein, was wir vor 50 Jahren noch als Arbeit definiert haben. Das ist der Lauf der Zeit. Und das ist auch gut so.
Schauen wir uns die jungen Leute von heute doch an: die haben doch eh schon einen ganz anderen Zugang zur Digitalisierung. Wir können unsere Gewohnheiten jetzt einfach den Veränderungen anpassen. Solange wir unsere positive Entwicklung nicht durch falsche Sentimentalitäten blockieren, bleiben wir auch nicht stehen. Wir kennen es vom Frühjahrsputz. Es braucht auch mal Platz für Neues.
Fotos: TOM JANK
„Noch nie haben wir soviel gelernt wie jetzt, was es heißt, Mensch zu sein. Es muss uns auch nicht immer gefallen, was wir über uns lernen – Aber noch nie waren die Voraussetzung besser, über uns selbst hinauszuwachsen und echten Humanismus zu erreichen!“
🎤Also wird es künftig einfach neue Jobbezeichnungen geben?
Unsere Vorstellung von Arbeit ist eine industrielle. Der Mensch wird nicht als Angestellter geboren – sondern als unternehmungslustiger Mensch, der dann zum Angestellten gemacht wird. In einer künstlichen Welt ist also nichts wertvoller, als der Mensch.
➡️ Und: wir haben noch nie soviel gelernt wie jetzt, was es heißt Mensch zu sein. Eine Maschine kann keine authentischen Gespräche führen, dazu braucht es immer einen menschlichen Geist. Eine Maschine kann auch keine Vereinbarungen treffen oder spüren, was mir etwas wert ist.
🎤 Hast du vielleicht auch einen Tipp für uns, wie man mit KI richtig umgeht?
Mit KI haben wir das Wissen bereits an den Fingerspitzen. Solange wir dieses Wissen aber nicht hinterfragen und zu unserem eigenen machen, ist es tot. KI ist also eigentlich nichts anderes als ein Brocken Silizium, also ein komplizierter Stein – ohne Gefühl und Moral.
Hinsichtlich Wissen gilt: das Einzige was bleibt, ist die Vorläufigkeit. Die Wahrheit selbst ist die Erfindung von einem Lügner. Man sollte sich also immer auch mit dem beschäftigen, was NICHT die eigene Meinung bestätigt.
Ich zum Beispiel frage mich jeden Morgen: „Welchen meiner Glaubenssätze kann ich heute zerstören?“ Kritisches Hinterfragen wird wichtiger denn je. Wer in dieser komplexen Welt glücklich werden will, für den ist kritischen Denken keine Zumutung.
🎤 Und dennoch hat man das Gefühl, dass wir in Österreich in Sachen Digitalisierung & Co. immer ein bisschen hinterherhinken. Sind uns andere Länder da nicht schon weit voraus?
Nein. Dass wir hinten nach sind, ist auch wieder nur so ein Glaubenssatz. Weil wir uns abgehängt fühlen. Aber ohne „unseren“ Hermann Hauser zum Beispiel (er ist übrigens der Cousin vom Stanglwirt Balthasar Hauser) wäre die digitale Revolution nicht da, wo sie jetzt ist. Der gebürtige Österreicher hat u.a. die Firma „ARM“ mitgegründet; die stellen Computer-Chips her – das ist quasi der große Bruder von „Intel“. Hauser ist aber nicht nur ein gewichtiges Sprachrohr im britischen Silicon Valley (Silicon Fen) sondern hat auch gemeinsam mit seiner Frau (der neuseeländischen Anthropologin Pamela Raspe) die Hauser-Raspe-Foundation gegründet, die sich in England, Neuseeland und auch bei uns in Österreich unter anderem im Bereich der Grundlagenforschung zum Quantencomputing engagiert. Heißt, es passiert also eigentlich viel. Wir wissen es nur nicht immer.
➡️ Und: die digitale Zukunft ist sowieso eins. So wie alle Menschen eins sind.
Deshalb ist die digitale Revolution nur dann ein Erfolg, wenn wir niemanden zurücklassen.